Der Sanierungsfall Stadttheater Augsburg geht in eine neue Runde. Nach heftigen Protesten aus Kultur- und Nicht- Kulturkreisen musste zuerst das 2015 vorgestellte Gesamtbudget von 235 Mio € auf 180 Mio € reduziert und nun die vorgestellte Planung seitens der Stadtregierung einer Bürgerwerkstatt zur Identifikation an heim gestellt werden. Angesichts des Widerstandes, der der Großen Rathaus- Koalition aus CSU, SPD und den Grünen in bürgerlichen Kreisen zunehmend erwächst und der Enthaltung der Kerntruppe der Projektkritiker von den Integrationsversuchen ist die Initiierung eines Bürgerbegehrens trotz aller Ruderversuche nicht mehr auszuschließen.

Dabei braucht diese Stadt ein funktionierendes Theater, und nicht ein Theater ums Theater, bzw. um das vom Planer, Projektbüro Achatz in zwei bis drei Gebäuden untergebrachte Vier -Sparten – Haus. Darunter natürlich das allein mit 100 Mio € zu sanierende Große Haus der auf diesen Gebäudetyp spezialisierten Gründerzeit- Architekten Fellner und Helmer. Der im Nachgang eines „Führer“ -besuchs 1938 monumentalisierte, und nach Kriegszerstörung in den 50er Jahren als damals größte Bühne Deutschlands wieder eröffnete Bau steht seitdem in einem unmittelbaren Kontrast zu den abstrakt und minimalistisch werdenden Inszenierungen der Nachkriegszeit. Die festliche Ausstattung des Wiederaufbaus hat sich in den Publikumsbereichen wundersam erhalten und steht zu Recht unter Denkmalschutz. Allein der Brandschutz entspricht so wenig den heutigen Anforderungen, wie die Auflagen der Barrierefreiheit öffentlicher Bauten.

Wenn nun die Planung des Gesamtvorhabens den Neubau eines modernen Theaterraums für das Sprechtheater vorsieht, so wird dies dem Spielbetrieb ebenso gerecht, wie die Errichtung neuer Werkstätten, Lager und Proberäume am Platz. Bleibt dem nüchternen Kritiker gegenüber also die Wirtschaftlichkeit der Planung und des Betriebs nachzuweisen. Genau dies scheint bisher nicht gelungen.

Aber die Kritik der Gegner greift weiter. Denn es geht um die Schlüsselrolle dieser Kultureinrichtung im Gefüge einer europäischen Großstadt mit derart anspruchsvoller Historie, wie Augsburg sie bietet. Das Haus am nördlichen Ende der zentralen Stadtachse soll nicht nur Veranstaltungsort und Bühne in einem historischen und zweckmäßig schön erweiterten Gewand sein, es soll ein kultureller Stadtraum im Stadtraum sein, ein ganztägig geöffneter Ort der kulturellen Identität. Dieses Ziel verfehlt die bisherige Planung, der keine überzeugende städtebauliche Lösung zugrunde gelegt wurde. Ein Planungswettbewerb mit Jury und Veröffentlichung der Beurteilungskriterien ist das hierfür vorgesehene Mittel, es wurde nicht gewählt.

Wer aber nun ein Bürgerbegehren anzettelt, bevor vernünftige Ergebnisse aus dem Beteiligungsverfahren veröffentlicht werden können, und bevor eine überzeugende Umplanung erfolgen kann, der stellt das Vorhaben grundsätzlich in Frage. Ein Bärendienst, der die Prägekraft unserer sogenannten Leitkultur auf einem zentralen Feld aufs Spiel setzt.

Sebastian BERZ – Architekt